R. Fellmann: Römische Kleinfunde aus Holz

Titel
Römische Kleinfunde aus Holz aus dem Legionslager von Vindonissa.


Autor(en)
Fellmann, Rudolf
Reihe
Veröffentlichungen der Gesellschaft Pro Vindonissa 20
Erschienen
Brugg 2009: Gesellschaft Pro Vindonissa
Anzahl Seiten
184 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Franziska Steiner

Mit dem Band 20 in der Reihe «Veröffentlichungen der Gesellschaft Pro Vindonissa» werden die zahlreichen römischen Kleinfunde aus Holz aus dem Legionslager von Vindonissa, einer der bedeutendsten Fundstellen römischer Holzartefakte in der Schweiz, erstmals ausführlich vorgelegt und kommentiert.

Das Werk hat eine lange Entstehungsgeschichte. In den 50er Jahren stiess Rudolf Fellmann, damals als Konservator am Vindonissa-Museum, auf die Holzfunde aus dem Legionslager, die unbearbeitet im Museumskeller lagerten. Er erkannte deren Bedeutung schnell und begann, die Stücke zu katalogisieren und zu untersuchen. Die Holzartenbestimmungen führte Werner Schoch durch. Da der Autor als Gymnasiallehrer Latein und Geschichte unterrichtete und später an der Universität Bern als ausserordentlicher Professor lehrte, konnte er sich nur neben seiner eigentlichen Berufstätigkeit der aufwendigen Bearbeitung der Holzfunde widmen. So ist das Werk in einzelnen Etappen vorangekommen. Über die lange Zeit während der ihn die Objekte begleiteten, hatte der Autor auf zahlreichen Studienreisen in Europa, Afrika und im Orient Gelegenheit, Vergleichsmaterial zu studieren und Literatur zu sammeln. Neben den Holzfunden von Vindonissa bearbeitete er auch jene von Oberwinterthur (erschienen in: Beiträge zum römischen Oberwinterthur – VITUDURUM 5, Berichte der Zürcher Denkmalpflege, Archäologische Monographien 10, Zürich 1991, S. 17–40), was ihm Vergleiche zwischen dem Material aus den beiden Fundstellen ermöglichte.

Die vorgestellten Artefakte blieben dank besonders günstigen Bedingungen erhalten. Sie stammen zum grössten Teil (ca.1800 Objekte) aus dem «Schutthügel» ausserhalb des Legionslagers von Vindonissa, wo während der Belegungszeit des Legionslagers insgesamt etwa 50 000 m3 Abfall neben dem Nordtor des Lagers eine Böschung hinuntergekippt wurde. Die übrigen Objekte lagen im so genannten Keltengraben, einem Graben, der den Zugang zum Geländesporn zwischen Reuss und Aare, auf welchem zuerst ein helvetisches Oppidum und danach das Legionslager stand, abgrenzte. Der Schutthügel befindet sich in einem Bereich, in dem der Boden ab einer gewissen Tiefe durch Sickerwasser und Quellhorizonte ständig feucht gehalten wird. Das tiefer gelegene organische Fundmaterial wurde auf diese Weise hier unter Luftabschluss gut konserviert. Das Material aus dem Keltengraben lag im Grundwasserbereich.

Das Besondere an den Holzfunden ist, dass sie nicht aus einer Zivilsiedlung, sondern aus einem Legionslager und damit aus militärischem Zusammenhang stammen. Hervorzuheben sind zum Beispiel die hölzernen Schwert- und Dolchgriffbestandteile (Taf. 33.34) oder die Schäftungen von Bolzen und Pfeilen (Taf. 34.35).

Die ersten zwei Kapitel liefern einen grundlegenden Überblick über das Thema der römischen Holzkleinfunde (S. 11–19). Der Autor behandelt zuerst die verschiedenen Bedingungen, die eine gute Holzerhaltung begünstigen. Danach folgt eine Beschreibung der beiden Fundstellen mit Holzerhaltung beim Legionslager Vindonissa und der wichtigsten römischen Fundstellen mit Holzkleinfunden in der Schweiz.

Auch auf die Probleme bei der Holzkonservierung allgemein (S. 20–22) und auf die Holzartenbestimmung der Funde aus Vindonissa (S. 23f.) wird eingegangen. Ein Diagramm zeigt die Häufigkeit der verschiedenen im Schutthügel vorkommenden Rohmaterialien (S. 23, Abb. 5). Am weitaus häufigsten ist Weisstanne mit 473 Artefakten. An zweiter Stelle folgt der Buchsbaum, der mit 145 Objekten vertreten ist.

Nach diesen grundlegenden Kapiteln folgt der Katalog, in dem das Material nach verschiedenen Funktionen gegliedert präsentiert wird (S. 25–118). Er umfasst insgesamt 1218 Holzartefakte, die jedoch nicht alle abgebildet sind. Zuerst wird jeweils das Material aus dem Schutthügel vorgestellt, dann dasjenige aus dem Keltengraben. Neben den Katalogtexten findet sich bei jeder Fundgruppe ein Kommentar, der ausführliche Angaben zu Funktion und Herstellungsweise der Objekte enthält. So ist zum Beispiel im Kommentar zu den Drechselabfällen und Bohrerteilen die antike Verwendung des Fiedelbogens genau beschrieben (S. 58–63). Bemerkenswert ist das zur Interpretation der Gegenstände angeführte Vergleichsmaterial. Es handelt sich dabei um Holzfunde aus andern römischen Fundstellen, um römische Bildquellen (vor allem Reliefs auf Grabsteinen) sowie um ethnologisches Vergleichsmaterial, das der Autor auf seinen Reisen gesammelt hat; als Beispiel sei der Kommentar zu den Schlüsseln und Schlossteilen (S. 39–41) genannt. Zudem zieht Fellmann antike Textstellen heran, in denen die betreffenden Gegenstände erwähnt werden. Der Katalogteil mit den Kommentaren nimmt den grössten Teil des Werkes ein. Am Schluss des Buches ist eine Konkordanzliste mit den fortlaufenden Bearbeitungsnummern der Holzartefakte, den entsprechenden Katalognummern und den Inventarnummern der archäologischen Sammlung des Kantons Aargau angefügt, welche die Identifikation der abgebildeten Originalfunde ermöglicht (S. 120–132).

Der Tafelteil wirkt zwar über alles gesehen etwas heterogen; die Zeichnungen und Fotografien — sie stammen von mehreren Personen — sind aber sorgfältig ausgeführt. Meistens wird das Objekt in mehr als einer Ansicht dargestellt, was dem Leser eine gute Vorstellung von dessen tatsächlichem Aussehen ermöglicht und den Katalog zu einem guten Arbeitsinstrument macht.

Hilfreich für weitere Recherchen auf dem Gebiet der römischen Holzfunde ist das ausführliche Literaturverzeichnis, in welchem die bisher erschienene Literatur über römische Holzfunde beinahe vollständig aufgelistet ist. Der Autor hat Publikationen aus ganz Europa von Skandinavien bis zum Mittelmeerraum berücksichtigt.

Mit den Holzfunden aus dem Legionslager von Vindonissa hat R. Fellmann eine besondere und reichhaltige Sammlung von römischen Holzfunden übersichtlich vorgelegt und für die Forschung zugänglich gemacht. Dies ermöglicht nicht nur Vergleiche, sondern vermittelt auch allen Interessierten einen Einstieg in das behandelte Thema.

Zitierweise: Franziska Steiner: Rezension zu: Römische Kleinfunde aus Holz aus dem Legionslager von Vindonissa. Veröffentlichungen der Gesellschaft Pro Vindonissa Bd. 20. Gesellschaft Pro Vindonissa, Brugg 2009. 184 S., 23 Abb., 43 Taf. Zuerst erschienen in: Jahrbuch Archäologie Schweiz, Nr. 93, 2010, S. 301-302.

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Zuerst veröffentlicht in

Jahrbuch Archäologie Schweiz, Nr. 93, 2010, S. 301-302.

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